Modulare Synthese (WWW-Workshop)


STEP 3

Filter


Filter dienen dazu, die Farbe eines Klanges zu verändern. Wenn man sich zum Bleistift einen Sägezahnklang vorstellt, wie er sich durch eine Lage von 30 Handtüchern zwischen Lautsprecher und Zuhörer anhört : es klingt dumpf. Nur die tiefen Töne gelangen zum Ohr, die Hohen werden in den Handtüchern "geschluckt". Nun nimmt man nach und nach die Handtücher weg, bis keins mehr da ist. Je weniger Handtücher, um so mehr von den hohen Tönen (also Obertöne) wird man hören. Das stimmt zwar physikalisch nicht ganz, gibt aber in etwa eine Vorstellung davon, was ein Filter macht : es verändert den Anteil bestimmter Frequenzen eines Klanges. Die Frequenz, ab der "geschnitten" wird, nennt man Filtereckfrequenz !
Es gibt 4 ganz grundverschiedene Filtertypen : der Tiefpaß-, der Hochpaß-, der Band- und der Kerbpaßfilter. Der Name sagt eigentlich schon alles über die Eigenschaft der Filter : ein Tiefpaßfilter zum Beispiel läßt nur die tiefen, also niedrigfrequenten Töne eines Klanges passieren.

Wie auch bei VCO kann die Filtereckfrequenz mit einer Steuerspannung festgelegt werden.
Hier nun die 4 Filtertypen in einer etwas genaueren Beschreibung :


Tiefpaßfilter

Das Tiefpaßfilter wurde in seiner wichtigsten Eigenschaft oben schon beschrieben : Es erniedrigt die Amplitude höhere Frequenzen, läßt jedoch tiefe Frequenzen passieren.



Sägezahnklang, die "Handtücher" werden schlagartig hingehalten und weggenommen.
In der Elektrotechnik werden die Eigenschaften eines Filters etwas anders dargestellt : eine sogenannte Filterkennlinie zeigt in einem Diagramm "Abschwächung gegen Frequenz" an, wie stark die Amplitude welcher Frequenzen abgeschwächt oder aber angehoben werden (ein Filter kann Frequenzen nämlich auch anheben ! Aber dazu später mehr).



Die Grafik zeigt in der y-Koordinate die Verstärkung. Da die Kurve bei höheren Frequenzen plötzlich nach unten geht, bedeutet dies, das die Verstärkung abnimmt, das heißt, die Amplitude aller höheren Frequenzen wird abgesenkt.

Musikalisch sinnvoll sind aber nur Filter, bei denen man einstellen kann, ab welcher Frequenz die hohen Töne aus dem Gesamtklang "geschnitten" werden sollen (daher der Begriff : Cutoff Frequency). Manche ahnen schon : mit Filtern eines Synthesizers ist das möglich. Der entsprechende Parameter nennt sich Filterfrequenz.
Das berühmteste Tiefpaßfilter ist wohl das "Moog-Filter" : ein Tiefpaßfilter mit wundervollen Klangeigenschaften. Es gibt etliche Beschreibungen für den "Sound" eines Moog-Tiefpasses (es handelt sich tatsächlich elektronisch gesehen um eine Transistorkaskade) die von "warm" über "satt" bis "göttlich" reichen. Aus diesem Grunde erstmal ein Vorgeschmack : es handelt sich um eine einfache Sequenz mit zwei Oszillatoren, die ein Tiefpaßfilter passieren. Das Tiefpaßfilter ist E-technisch gesehen ein Nachbau des Moog-Filters und stammt aus dem Doepfer A-100 (Modul A-120). Die Filterfrequenz wird im Beispiel von Hand verändert.
moogr0.mp3, Das letzte Beispiel war ein recht großes mp3-File, dafür hört man aber auch genau, worum es eigentlich geht. Bitte nicht enttäuscht sein : das Kraftwerksche Buumm BummBumm Bamm bzw. sowas ähnliches kommt noch. Dazu fehlen aber noch ein paar "Steps".
Ein weiteres, etwas einfacheres Beispiel, (ebenfalls mit dem Moog-Filter erstellt) ist dieses, nur mit einem Sägezahnoszillator.


Filterfrequenz per Steuerspannung ändern

Richtig gut klingt ein Filter, wenn während des Zeitverlaufes (z.B. abhängig vom Tastendruck, oder langsam hoch und runter) die Eckfrequenz geändert wird. Im folgenden Beispiel wurde die Eckfrequenz eines Tiefpass abhängig vom Tastendruck geändert : beim Drücken der Tase ist die Eckfrequenz noch relativ hoch, es kommt also alles durch, innerhalb von einer viertel oder halben Sekunde nach Tastendruck sinkt die Eckfrequenz auf 20 Hz. Das gibt dann, schon recht brauchbare Bass-Töne. Man macht das übrigens mit dem ADSR-Generator (Hüllkurvengenerator), das kommt einige Steps später im Detail.



Resonanz

Wie oben schon erwähnt : ein Filter kann nicht nur bestimmte Frequenzen abschwächen. Es kann Frequenzanteile auch verstärken. Das Moog-Filter (und die meisten anderen synthesizertauglichen Filter) kann/können den Frequenzanteil im Bereich der Filterfrequenz verstärken. Das Maß der Verstärkung wird über einen Parameter names "Resonanz" eingestellt. Die Resonanz (englische Synonyme : resonance, Q-factor, Peak, Feedback) sollte in den Anfangszeiten der Synthesizertechnologie eine Simulation bestimmter Musikinstrumenteigenschaften sein. Der Korpus einer Geige verstärkt oder schwächt ganz bestimmte Frequenzen, genauso der Resonanzboden eines Spinnets oder eines Klavieres. Da haben wir schon den Begriff "Resonanz"boden. Alle Instrumente modifizieren mehrere Frequenzen, die vom Klangerzeuger (Saite, Luftschwingung in einem Holz- oder Blechbläser) produziert werden. Diese Resonanz wird vereinfacht auch von Filtern in der Synthesizertechnologie nachgebildet, indem (das ist elektronisch am leichtesten machbar) die Frequenz im Bereich der Filtereckfrequenz verstärkt wird.
Die Filterkennlinie sieht dann bei 2 verschiedenen Filterfrequenzen und mittelstarker Resonanz so aus :



Mit wenig Resonanz.
Mit viel Resonanz.
Verändert man dagegen nur die Resonanz und läßt die Filtereckfrequenz gleich, sieht die Filterkennlinie so aus :



nurreso.mp3.

Das hört sich nicht so an, wie erwartet, ein schrilles Pfeifen übertönt alles. Nun, die Filtereckfrequenz wird bei voll aufgedrehter Resonanz so verstärkt, daß das Filter schließlich anfängt, von selber zu oszillieren, und dabei einen Sinuston von sich gibt (technisch gesehen ist die Reosnanz nichts anderes als eine Rückkopplung, also sowas ähnliches wie das Pfeifen des Mikrofons im Hörsaal, wenn der Prof zu tüddelig ist, den Lautstärkeregler zu finden). Dieser Sinuston entsprach dem Pfeifen. Man kann allerdings die Resonanz auch musikalisch nutzen, indem die Filtereckfrequenz SELBER als Ziel für die Tonhöhe verwendet wird : das CV-Out Signal des Midi-CV-Wandlers wird direkt in den CV-Eingang des Filters gelegt.Dazu muss allerdings, um es melodisch einigermaßen sinnvoll zu nutzen, das Filter "gestimmt" werden. Die Frequenz der Eigenoszillation entspricht dann der eines gut gestimmten VCO's mit Volt/Oktave - Charakteristik. Ein klassisches Beispiel für eine derartige Anwendung ist übrigens der bekannte Titel "Popcorn" aus den guten alten Zeiten.

Hier ein einfaches Beispiel, es wurde einfach nur der CV-Ausgang eines MIDI-CV-Wandlers in den Filtereckfrequenzeingang eines gut gestimmten 24dB-Tiefpass Filters gelegt, die Resonanz des Filters ist voll aufgedreht (kein Audio-Eingang!) und auf der Tastatur wurden wenige Noten querbeet gespielt, mit gleichzeitig wilden Bewegungen am Pitch-Rad (Das Pitch-Rad ermöglicht stufenlose Bewegungen der Tonhöhe, ermöglicht also ein Glisando).

Resobeep.mp3.


Das Prinzip kann dann natürlich auch für komplexere Sachen verwendet werden, nur so als Häppchen (hier kommt auch ein VCA zum Einsatz, sowie ein ADSR mit A:0%,D:0%,S:100%,R:0% und etwas Hall):

Resoseq.mp3.

Filter-Ringing

Das sogenannte Filter-Ringing ist frei übersetzt das "klingeln-lassen" eines Filters. Das entsteht, wenn die Resonanz eines Filters soweit aufgedreht wird, dass das Filter kurz vor der Selbstresonanz steht. Zur Erinnerung : die Resonanz ist ja nichts anderes als Rückkopplung im Filter, und erzeugt einen Sinusartigen Ton (je nach Filterarchitektur kann die reine Resonanz auch wie ein tiefpassgefilterter Sägezahn aussehen). Wenn nun die Resonanz fast ganz aufgedreht ist, aber das Filter noch nicht von selber schwingt, reicht ein kurzer Rechteckpuls, um eine kurzandauernde Schwingung anzuregen. Die Frequenz dieser Schwingung kann man mit der Filtereckfrequenz des Filters einstellen. Die entstehenden Töne erinnern ein bisschen an Wassertropfen, die in eine Wanne fallen. Mit der Tastatur wird die "Tonhöhe" bestimmt, weil der CV-Ausgang der Tastatur in den CV-Eingang des Filters führt und so die Filtereckfrequenz (= Frequenz der Selbstoszilation) bestimmt.

Die Grundschaltung sieht so aus :


Man kann damit experimentieren, indem man mehrere solche Schaltungen parallel laufen läßt (oder per Mehrspurrecording vervielfacht).


Hier wird das Filter durch ein AR-Generator angestossen, gleichzeitig steuert der AR-Generator noch ein wenig die Filtereckfrequenz. Das macht dann nicht mehr Ping oder Blipp, sondern Boiing. Oder Buuiip. Zusätzlich wird noch die Filterekfrequenz vom Keyboard-CV gesteuert, so dass auch hier die Tonhöhe bestimmbar (spielbar) ist.




Eine Anmerkung noch : es gibt zig verschiedene Bauarten elektronischer Art für Filter. Das gilt nicht nur für das Tiefpassfilter, und all diese Filter klingen etwas unterschiedlich. Hier nun einige verschiedene Filterdesigns. Dabei wird jeweils ein einzelner Oszillator als Sägezahnwelle durch das entsprechende Tiefpaßfilter gejagt, jeweils mit mittelhoher Resonanz und sinkender Filtereckfrequenz.

Korg Monopoly.
Korg MS 10.
Doepfer A 120.
Doepfer A 121.
MAB 303 (TB 303 Klon, recht authentisch.
MB 33 (auch Klon, klingt aber anders !!).
State Variable filter des Formant-Synthies, Tiefpass.
State Variable filter des Formant-Synthies, Hochpass.
State Variable filter des Formant-Synthies, Bandpass.
EDP-WASP Klon, Hochpass.
EDP-WASP Klon, Tiefpass.
EDP-WASP Klon, Bandpass.
Korg MS20, Tiefpass.
Korg MS20, Hochpass.
Diode Ladder Filter. Wird in modifizierter Form auch in der TB 303 benutzt.
Formant Pro, Moog Filter Klon.


Es gibt noch wesentlich mehr Filterbauarten (z.B. ARP 2600, Synthex, und so weiter und so fort. Alle klingen anders, manchmal sind es nur Nuancen.


Hochpaßfilter

Ab hier möchte ich mich nicht mit Blabla aufhalten, sondern nur die wichtigsten Sachen beschreiben. Hochpaßfilter heißt, daß im Gegensatz zum Tiefpaß nur hohe Töne ab der Filtereckfrequenz passieren können (ach was!). Die Kennlinie sieht so aus :



Doepfer A 121, Hochpaß, keine Resonanz.

In Sachen Resonanz verhält sich das Hochpaßfilter genau wie ein Tiefpaß.
Doepfer A 121, Hochpaß, viel Resonanz.



Bandpaßfilter

Die Filterkennlinie :



Das Bandpassfilter läßt je nach Steilheit nur schmale Frequenzbänder durch. Insgesamt reduziert sich dadurch natürlich auch der resultierende Pegel. Bandpassgefilterte Signale sind also in einem Mix nicht so durchsetzungsfähig. Hier mal einige Sweeps eines Bandpassfilters, durch das ein Sägezahn gejagt wird.

Interessanter wird es, wenn mehrere Bandpässe ein Signal filtern, und die Resultierenden addiert (gemischt) werden. Bekanntermassen setzen sich beispielsweise menschliche Vokale (a,e,i,o,u) aus bestimmten Frequenzbändern zusammen. Dies kann man bereits mit einem 3-fach Mix von Bandpässen simulieren. Mit einem normalen 12dB-Bandpassfilter, und das sind ja die meisten VCF's, wenn sie überhaupt Bandpass bieten, klingt aber ehr mager. Für gute Vokale braucht man sehr steilflankige Bandpassfilter, die gut verstärken.

HzAAEEIIOOUU
Band 1720520400300450
Band 21800170018501200900
Band 324003000250022502200

In der Praxis, die nötige Anzahl steilflankiger Bandpass-Filter vorrausgesetzt, ist die Realisierung einfach : man schaltet 3 Bandpassfilter parallel, füttert alle 3 mit dem gleichen Eingangssignal und mischt dann die 3 gefilterten Ausgänge. Die 3 Bandpässe werden entsprechend der Tabelle eingestellt. Wenn man dann noch zwischen 2 Einstellungen (Vokalen) gleitend die Eckfrequenzen bewegt, bekommt man schon sehr vokalhafte Klänge. Dieses Beispiel ist mit dem Nord-Modular gemacht.

Kerbfilter (Notch)

Das Kerbfilter ist am wenigsten spektakulär.



Auch mit dem Kerbfilter kann man ähnliches anstellen, wie beim Bandpass, jetzt aber nicht als Parallelschaltung, sondern in Serie :

Was dann so klingt. Hier entstehen ehr Phaser-hafte Klänge.